Karl May Hörspiele
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Rezensionen / Kommentare

Old Shatterhand, So war der wilde Westen, Folge 1+2


Eintrag von thoschw (vom 12.7.2004) (weitere Einträge von thoschw)

Es ist sicherlich bemekenswert, mit welchem Eifer Kurt Stephan seine Bearbeitungen mit selbst erdachten Einfällen bereichert, leider aber sind diese - insbesondere bei seinen Karl-May-Produktionen - meist nicht gerade stimmig. Auch bei dieser Aufnahme nach der Geschichte vom 'Deadly Dust' [Tödlicher Staub] aus Winnetou IV ist ihm gleich zu Beginn etwas völlig Seltsames eingefallen. Die Idee, daß Old Shatterhand nach seiner Ankunft in Amerika zunächst Mr. Henry - hier zusätzlich mit dem Vornamen William ausgestattet - besucht (was er bei May im Originaltext vor der 'Old Firehand'-Erzählung aus 'Winnetou II' macht), ist dabei durchaus nicht störend. Daß aber 'Old Henry' einem neuen, noch besseren weil schnelleren Henrystutzen erfindet, den er dann gar noch für schnöden Mammon an sein einstiges 'Greenhorn' verkauft, ist eine grobe Mißachtung eines elementaren Mythos von der Einzigartigkeit und Unersetzlichkeit, welcher den Henrystutzen bei May umgibt.

Die Doppel-LP 'Old Shatterhand' fällt etwas aus dem Rahmen der üblichen May-Produktion bei Metronome. Zu einen wird sie durch den Obertitel 'Das war der wilde Westen' in eine Reihe von ansonsten eher an wirklichen Geschichten orientierten Aufnahmen über 'Buffalo Bill', 'Billy the Kid', 'Wyatt Earp & Doc Holiday' und dem 'Postraub von Santa Fe' durch die Dalton-Bande gestellt. Zum anderen ist das Cover nicht im comicartigen Stil der anderen Karl-May-Hörspiele der Label 'Unsere Welt' und 'PLP' gezeichnet, sondern als ein collageartiges Bild von einem Van Veint gemalt, dessen Portrait der Titelfigur dabei etwas an Doug Mc Clure (Shilo-Ranch, Die blutigen Geier von Alaska) erinnert.

Positiv ist anzumerken, daß hier nur aus der Ich-Perspektive erzählt wird, dazu kommt noch eine meist adequate Geräschkulisse und das Bemühen um Ausführlichkeit, sodaß an wesentlichen Figuren nur der Neger Bob (KMV-fassung: Cäsar) und an Erlebnissen die Kojoten-Blut-Szene und der Aufenthalt bei Donna Elvira de Gonzales nicht berücksichtigt wird. Leider aber fehlt einer Vielzahl von Szenen in der Beabeitung wie auch der Umsetzung ein realistisches Zeitgefühl. Ob nun anfangs Sans-Ear die ihm verfolgenen Indianer quasi zwischen zwei Dialogsätzen abserviert, ob Old Shatterhand in 15 Sekunden nicht nur das gesamte Kaktusfeld anzündet sondern auch noch Regen erzeugt oder seine Spuren in nullkommanichts verwischt, oder aber ob die kaum gesichteten Kommantschen oder Schoschonen die Gefährten unmittelbar ohne hörbares Heranreiten ansprechen, diese Art der Hoppla-hopp-Inszenierung raubt dem Hörspiel einfach jede Art von Live-Atmosphäre.

Weiterhin erlaubt sich Stephan zuweilen noch eine 'Modernisierung' der Sprache, die überhaupt nicht zum Mayschen Flair paßt: "Das macht so richtig Spass', 'Lassen Sie uns eine Runde schlafen', 'Meine Devise war immer, solange an Rettung zu glauben, wie ich noch nicht tot war" oder "Mein Bruder hat es mal wieder geschafft". Und der Schluß wird wie ein Kaugummi noch mit seltsamen Einfällen in die Länge gezoge: Statt die Aufnahme stilvoll am Grab Allan Marshalls zu beenden, läßt Stephan den alten Sans-ear ins Geschäft von Bernhard Marshall eintreten, Old Shatterhand begleitet die beiden im Zug gen Osten um ein paar sächsische Einwanderer zu besuchen, und die Eisenbahn wird dann gar noch von einem Schaureiten der Schoschonen begleitet.

Insgesamt bleibt leider ein unbefriedigender Eindruck übrig, was vorallem an den schon erwähnten Husch-Husch-Szenen liegt. Auch hätte ein konsequente Einblendung von Musikeinlagen, wie sie nur zu Ende der Seiten 2 und 4, anfangs der Seite 3 und in der Saloon-Szene zu hören sind, der Aufnahme sicher mehr Struktur verliehen. Denn Kurt Stephan konnte ohne diese Mängel durchaus auch bessere Hörspiele produzieren: So nahm er mit praktisch dem gleichen limitierten Sprecherteam für Maritim mit den 'Flußpiraten vom Mississippi' nach Friedrich Gerstäcker eine durchgehend stimmige Produktion auf, die trotz mancher Stephan-typischer Detailschwächen viel Spass beim Zuhören macht, weil bei jener Aufnahme eben die Szenen nicht nur an- sondern ausgespielt werden und so ein natürliches Miterleben möglich ist, welches bei dieser Shatterhand-Aufnahme leider nur hier und da mal aufblitzt.

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