Karl May Hörspiele
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Rezensionen / Kommentare

Die Taschenuhr des Anderen, Dramatisches Hörbuch
  Produktion: Meike Anders


Eintrag von joerg (vom 27.3.2009) (weitere Einträge von joerg)

Die Taschenuhr des Anderen
Eine fiktive May-Rehabilitation in Form eines dramatischen Hörspiels

Nach der Theateraufführung des fiktiven May-Stückes „Die Taschenuhr des Anderen“ beim Karl-May-Fest in Wien im Jahr 2006 erwarb die Karl-May-Hörspielproduzentin Meike Anders die Lizenz zur Produktion eines gleichnamigen Hörspiels.

Der Autor des Stückes, Willi Olbrich, hatte ein Theaterstück zu einer fiktiven Gerichtsverhandlung verfasst, in der Karl May an seinem 70. Geburtstag die Gelegenheit erhält, seine Unschuld beim Uhrendelikt aus dem Jahre 1861 zu beweisen. Aufgrund einer diesbezüglichen Verurteilung musste er vom 08. September bis zum 20. Oktober 1862 eine sechswöchige Haftstraße in Chemnitz absitzen und wurde aus der Liste der Schulamtskandidaten gestrichen, wodurch ihm die Grundlage zur Fortführung des Lehrerberufes entzogen wurde.

Es konnte in der biografischen Forschung bisher nicht belegt werden, ob May direkt für einen Uhren-Diebstahl oder für die widerrechtliche Benutzung fremder Sachen angeklagt wurde. Die von der Dauer her kurze Haftstrafe von sechs Wochen lässt Juristen lediglich auf eine Verurteilung wegen widerrechtlicher Benutzung der Uhr schließen.

Bei der Textvorlage von Willi Olbrich werden in der Anklageschrift beide Delikte genannt. Beim Plädoyer des Staatsanwaltes und beim Urteil des Richters der fiktiven Gerichtsverhandlung wird - nicht ganz korrekt - nur vom Verdacht des Diebstahls einer Taschenuhr gesprochen.

Meike Anders hat die Textvorlage von Olbrich sehr textgetreu umgesetzt, nur wenige unbedeutende Sätze wurden weggelassen, einige Ausdrücke korrigiert, kurze Sätze eingeschoben und Zwischenrufe Mays eingefügt Diese leichte Text-Bearbeitung lockert einige Monologe auf, gerade die Zwischenrufe Mays und die im sächsischen Dialekt vorgetragenen Redeteile des Gerichtsdieners machen das dramatische Hörbuch, welches eigentlich ein Hörspiel mit kurzen Musikanteilen und Geräuschen ist, lebendig.

Auffällig ist, dass der Zeitpunkt der Handlung, der 70. Geburtstag Mays, im Hörspiel im Gegensatz zum Originaltext nicht angeführt wird. Es wird lediglich ein Geburtstag von May erwähnt. Durch die Erwähnung von Winnetou IV lässt sich der Handlungszeitpunkt der Verhandlung aber klar auf die letzten Lebensjahre Mays eingrenzen.

Jean-Marc Birkholz spricht gleich sieben Charaktere, neben Karl May u.a. auch den Staatsanwalt und den Richter. Herbert Graedtke führt, wie auch in den ersten beiden Teilen der Meike Anders-Produktion „Der schwarze Mustang“, als Erzähler durch das Hörspiel. Den kurzen Part der Frau des Wachtmeisters spricht die Theater-Schauspielerin Iris Würgler.

Jean-Marc Birkholz gelingt es ohne Probleme, den sieben Personen eine eigene, unverwechselbare Stimme zu geben und diese - konsequent intoniert - zu sprechen. Während die Stimme des Schicksals im Vergleich zur Stimme Mays lediglich mit etwas Hall unterlegt wurde, bringen die kräftige Stimme des Richters, der harsche Ausdruck des Staatsanwaltes, das Sächseln des Gerichtsdieners, die verschlagene Stimme von Julius Scheunpflug und der trotzige Ausdruck des Gendarms Leben in die Produktion.

Diese Hörspiel-CD mit einer Lauflänge von 46 Minuten ist nur in einer Mini-Auflage von hundert Exemplaren erschienen.

Wer über einige biographische Vorkenntnisse zu Karl May verfügt und sich auf ein qualitativ hochwertiges und sehr spezielles May-Hörspiel einlassen möchte, sollte sich unbedingt noch eines der letzten Exemplare von „Die Taschenuhr des Anderen“ sichern.

(Karl May & Co.-Rezension, www.karl-may-magazin.de)


kein Punkt
Eintrag von JennyFlorstedt (vom 19.4.2008) (weitere Einträge von JennyFlorstedt)

Das dramatische Hörbuch "Die Taschenuhr des Anderen" basiert auf dem gleichnamigen Theaterstück von Willi Olbrich. (Ein Theaterstück allerdings, das es noch nicht in die großen Theaterhäuser geschafft hat...) Neu ist nur die Figur des Erzählers.

Es geht um den "Uhrendiebstahl"; das Delikt, das Karl May seine Anstellung kostete und ihm für immer die Lehrerlaufbahn versperrte. Karl May wurde Weihnachten 1861 verhaftet, da er die Uhr seines Zimmergenossen gestohlen haben soll. Er wurde vor Gericht gestellt, zu einer Haftstrafe verurteilt und verlor die Lehrberechtigung. Heute wird die Strafe als deutlich zu hoch, sogar als Fehlurteil gewertet.

Das Theaterstück rollt die damalige Gerichtsverhandlung nochmal auf. Basierend auf Mays Lebenserrinnerungen kommen Zeugen zu Wort und Karl May erhält eine neue Chance, sich zu verteidigen.

Das Sprecherensemble ist sehr klein. Nun kann es natürlich ein raffinierter Schachzug sein, sämtliche Rollen (bis auf den Erzähler und eine Frauenstimme) mit nur einem Sprecher zu besetzen, es kann aber auch einfach nur Spardrang oder blanke Not sein. Ganz sicher bin ich mir da nicht, aber das Experiment ist in meinen Ohren geglückt. Jean-Marc Birkholz spricht souverän und abwechslungsreich. Durch die Einführung des Erzählers und die starre Struktur der "Verhandlung" muss er aber auch äußerst selten Gespräche mit sich selbst führen.

Ein ungewöhnliches Stück Karl-May-Geschichte. Aber ein Kuriosum, das es wert ist, mehrfach gehört zu werden.


kein Punkt
Eintrag von Catherine (vom 19.4.2008) (weitere Einträge von Catherine)

Auch ich habe das neue Hörspiel von Meike Anders mit Spannung erwartet und wurde nicht enttäuscht.
Jean-Marc Birkholz beweist durch seine Interpretation der sieben männlichen Rollen (Karl May, Schicksal, Hermann Julius Scheunpflug, Richter, Staatsanwalt, Gendarm und Gerichtsdiener) seine überragende Wandlungsfähigkeit als Sprecher. Jeder Figur gibt er eine individuelle sprachliche Charakteristik, so dass man sie problemlos unterscheiden kann - zumal, wie Jenny bereits erwähnte, er nur selten einen Dialog mit sich selbst zu führen hat.
Sehr positiv empfinde ich zudem die Wahl Herbert Graedtkes als Erzähler. Iris Würgler, die ich als hervorragende Schauspielerin kennen lernen durfte, hat als Wachtmeistergattin leider nur sehr wenig Text, was jedoch durch die literarische Vorlage bedingt ist.

Die Tatsache, dass der Gerichtsprozess am 70. Geburtstag Karl Mays stattfindet, wurde im Hörspiel nicht erwähnt, was ein gelungener Schachzug ist (und keinen Einfluss auf die Handlung selbst hat), da Jean-Marc Birkholz diesen auf Grund seiner Jugend ansonsten nicht glaubhaft verkörpern könnte.

Alles in allem ist dieses Hörspiel in meinen Augen eine durchweg gelungene Produktion und für alle Fans von Karl May und Jean-Marc Birkholz ein Muss!
Bleibt zu hoffen, dass es in Zukunft weitere Hörspiele von Meike Anders gibt.


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