Karl May Hörspiele
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Rezensionen / Kommentare

Der Schatz im Silbersee
  Produktion: Bernd Plagemann - Regie: Gerd Henjes


Eintrag von Michael Ledwinka (vom 28.4.2015) (weitere Einträge von Michael Ledwinka)

Welch ein Vergnügen, Gert Westphal Karl May lesen zu hören! Und ein großes Kompliment an die Deutsche Grammophon, dass dafür die Originalfassung gewählt wurde. Gert Westphal gestaltet in gewohnter Weise den vorliegenden Text äußerst nuancenreich, ohne zu übertreiben, er liest einen Roman und gestaltet kein Hörspiel. Dennoch werden in seiner unnachahmlichen Art alle Figuren lebendig und herrlich charakterisiert. Für die eine oder andere Schwäche dieses Klassikers kann er nichts. Aber "Der Schatz im Silbersee" ist nun einmal eine der bekanntesten Reiseerzählungen Karl Mays. Ein Wermutstropfen sind die rund halbstündigen Tracks, nur zwei pro CD. Ist man gezwungen, das Zuhören zu unterbrechen, muss durch Vorspielen der Wiedereinstieg erst gefunden werden.


Eintrag von thoschw (vom 15.11.2004) (weitere Einträge von thoschw)

Diese vorständige Lesung des 'Schatzes im Silbersee' folgt dem Haffmanns-HKA-Abdruck und beruht damit auf der ursprünglichen Zeitschriftenfassung, wie sie seinerzeit im 'Guten Kameraden' abgedruckt wurde. Die wenige Jahre später im Union-Verlag erschienende erste Buchausgabe folgte dieser Textfassung dann noch fast wortgetreu, unterschiedlich ist da vorallem eine Einteilung in wesentlich mehr Kapitel. Erst die Version des Romans in den Gesammelten Werken führte, da das kleinere Format und die dadurch begrenzte Anzahl der Seiten zur Kürzung zwang, zur Bearbeitung, wobei dabei teilweise doch etwas arg übertrieben wurde. Und so wird dem Hörer, der nur die KMV-Fassung kennt und diese mit der Lesung vergleicht, sich möglicherweise gleich anfangs verwundert die Ohren reiben:

Da 'fehlt' plötzlich ein zusätzlich eingeschobener belehrender Absatz über die Dampfschiffe Nordamerikas auf, statt 'bemittelte', hört er 'situierten', statt 'ein bequemes Ruhen' gibt es 'ein wenig Schatten' und der 'Schanktisch' wird stattdessen als 'unter einer ausgespannten Leinwand einen Bed-and-board' serviert. Diese Änderungen sind Ausdruck der durchgreifenden Bearbeitung, bei der sogenannte 'unnötige Weitschweifigkeiten' wie 'sondern der Geist des Branntweines führte bereits Herrschaft über sie' durch ein schlichtes 'vom Branntwein erhitzt' ersetzt werden.


Ein weiteres Merkmal der Bearbeitung ist eine teilweise Umbenennung von Figurennamen, auf den Ingenieur Patterson wird man vergeblich warten, heißt der Mann hier doch ebenso Butler wie seine Verwandten auf der gleichnamigen bekannten Farm. Allerdings neigte May manchmal zu einem geringen Variantenschatz und recht simplen Assoziationen bei seiner Namensbildung. Wohl durchaus selbstironisch klingt es etwa hier beim Schatz: "Haller und Faller. Das ist eine sonderbare Aehnlichkeit der Namen." Dabei gilt dasselbe nicht nur für den Toten und einem seiner Mörder sondern durchaus auch schon für die Reisegefährten HALlEr und HARtlEy.

Aber auch einige kleine logische Fehler enthält die vorgelesene Urfassung. So heißt es etwa von Old Firehand: "Er hob denselben auf und fand das erwartete Papier; er faltete es auseinander und las die von dem Cornel geschriebenen Zeilen." Wenig später verkündt er aber: "Auf diesem Zettel steht die Antwort, welche Euch der rote Cornel sendet. Ich habe ihn noch nicht gelesen (...)" Das dies keine etwa nur gegenüber dem Tramp kalkuliert-falsche Behauptung war, zeigt sich etwas später: "Zunächst habe ich ihnen nur die Waffen abgenommen und diesen Zettel, welchen wir nun lesen wollen." / Er entfaltete denselben, nahm Kenntnis von dem Inhalt und gab ihn dann dem Ingenieur zu lesen." Etwas weniger spektakulär ist da ein weiterer Wiederholungfall im Gespräch zwischen Tante Droll und Hobble-Frank, wobei die beiden gleichen Sätze kurz hintereinander wiederholt werden, zunächst: "Nun, für wen haltet Ihr mich denn?" / "Für die Tante Droll." / "Und wo habt Ihr von dieser gehört?" Dann, bald darauf: " Für wen haltet Ihr mich denn?" / "Für die Tante Droll." / "Die bin ich auch."

Für den Zuhörer ist die Lange Reise vom Arkansas hinauf in die Rocky Mountains wohl meist auch eine Reise über mehrere Wochen, denn wer hat schon die Muße, mehr als ein- bis eineinhalb Stunden pro Tag zu hören? Die Mühe dieser langen Hörbuchreise aber lohnt sich, da sich auf dem Weg zum Silbersee Seite an Seite mit unauslösch memorierten Szenen auch in der Erinnerung an das Selbstlesens längst verblaßte und auf Hörspielen nie adaptierte Nebenhandlungen finden. Wer etwa hätte noch gewußt, daß der überaus brutale Überfall auf die Ranch durch die Banditen des roten Burkers, der den Film 'Old Shatterhand' einleitet und so seltsam mayfremd zu wirken scheint, im Kern nichts anderes als die Geschichte des kleinen Erik Engel ist, dessen Eltern der rote Cornel tötet, als er des nachts die Ranch niederbrennt.

Gerd Westphal, der leider mittlerweile verstorbene 'König' der Hörbucherzähler, bietet - insgesamt geurteilt - eine imposante, engagierte und facettenreiche Lesung des Werkes, allerdings erst ab den Zeitpunkt, als er das erste Kapitel etwa halb hinter sich gebracht hat. Bis dahin spricht er freilich etwas unterinspiriert, im zu raschen, ja fast schon leierhaften Stil, in dem er glücklicherweise jedoch kaum noch zurückfindet und der deshalb auch keine Berücksichtigung in der Gesamtbeurteilung findet. Denn spätestens mit dem Auftritt der Tante Droll bekommt Westphal hörbar Spaß am Lesen des 'Schatzes', den Altenburger wie auch dessen Vetter Frank spricht er, insbesondere auch in den Dialekt-Szenen, mit besonderer Hingabe und individueller Tonlage. Auch andere Charaktere wie etwa die diversen Indianerhäuptlinge werden in speziellen Stimmlagen oder Tempi intoniert, wobei er bei der Interpretation von Lord Castlepool auch nicht von dem Klischee des auch aus vielen Karl-May-Hörspielen sattsam bekannten speziellen englischen Tonfalls, welcher klingt, als würde der Betreffende beim Sprechen auf einer Socke kauen, zurückschreckt.

Trotzdem 'Der Schatz im Silbersee' als Jugendbuch geschrieben wurde, eignet sich die Lesung aber nicht wirklich für die Kleineren der Leser, die Brutalität, mit hin und wieder Menschenleben in dem Buch vernichtet werden, ist zeitgenössisch betrachtet zwar durchaus üblich gewesen, doch gelingt es May nicht immer, die notwendige Distanz zu wahren. Zwar zeigt gerade auch das Verhalten von Old Shatterhand stets auch die Tendenz zur Feindesliebe, dennoch hat man nicht den Eindruck, daß die geschilderten Massenvernichtungen von Tramps, Navajos und Utahs vom Autor May gezwungenermaßen und mißbilligend geschildert werden sondern vielmehr als notwendige Strafe angesehen wurden.
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